Nach dem schrecklichen Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und der heftigen, militärischen Reaktion Israels sind israel- und judenfeindliche Äußerungen in Deutschland in einem ungeahnten Maß angestiegen. Die Gewalt gegen Israelis und Juden in Deutschland äußert sich nicht nur verbal, sondern auch körperlich. Antisemitismus zeigt sich dabei als gesamtgesellschaftliches Problem.
Seit Oktober sind auch antisemitische Vorfälle an deutschen Hochschulen verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Die heute in Berlin vorgestellte experimentelle Schnellbefragung zum Thema Antisemitismus unter Studierenden hat gezeigt, dass Hochschulen nicht grundsätzlich stärker von Antisemitismus betroffen sind, als andere gesellschaftliche Bereiche. Für die Kurzstudie wurden im Dezember 2023 mehr als 2300 Studierende und 2000 Personen aus der Bevölkerung zu ihren Einstellungen und Erfahrungen hinsichtlich Antisemitismus befragt.
Daraus geht hervor, dass ein Drittel der jüdischen Studierenden in Deutschland selbst Diskriminierung erlebt hat, mehr als die Hälfte hat Diskriminierung beobachtet. Bei 8 Prozent der Studierenden sind antisemitische Einstellungen zu beobachten. Antisemitische Einstellungen sind damit unter Studierenden weniger stark ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung, in der 18 Prozent Zustimmung zu antisemitischen Aussagen äußern. Beim israelbezogenen Antisemitismus sind die Werte bei Studierenden und bezogen auf die Gesamtgesellschaft bei jeweils 8 Prozent.
Dazu äußert sich Dr. Carolin Wagner, stellvertretende bildungspolitische Sprecherin und Co-Vorsitzende der Landesgruppe Bayern der SPD-Bundestagsfraktion, wie folgt:
„Antisemitismus ist in keinem Moment und in keinem Kontext hinnehmbar. Insbesondere Bildungseinrichtungen stehen vor großen Herausforderungen, antisemitischen Tendenzen, Äußerungen, Entgleisungen und Ausgrenzungen entgegenzutreten.
Wir müssen bereits in den Schulen die Schülerinnen und Schüler sensibilisieren und die Lehrkräfte unterstützen, damit sie versiert und nachhaltig aufklären können. Der Bedarf an Beratung und Professionalisierung von Menschen in Lehrtätigkeit ist hoch. Es braucht vielfältige Aus – und Weiterbildungsmöglichkeiten. Derzeit übersteigt die Nachfrage das Angebot. Dabei ist wichtig, dass es nicht nur um die Vermittlung von historischem Wissen geht, sondern auch um das Erkennen von zeitgenössischem Antisemitismus.
Die Hochschule muss als politischer Debattenraum erhalten bleiben. Das bedeutet aber nicht, dass offener Antisemitismus eine politische Meinungsäußerung ist, die auch nur im Ansatz geduldet werden darf.
Bei der komplexen Frage der Antisemitismusprävention an Bildungseinrichtungen müssen wir immer den Schutz der jüdischen Studierenden und Schülerinnen und Schülern mitdenken. Junge Menschen dürfen ihre Bildungseinrichtung nicht als Angstraum wahrnehmen. Wir müssen uns schützend vor sie stellen.
Die Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion hat im Januar ein Fachgespräch zu Antisemitismus an Bildungseinrichtungen organisiert. Wir haben uns mit VertreterInnen jüdischer Studierender, Verbände, Beratungsstellen, der HRK, der KMK und der Gewerkschaften auf einer breiten Basis ausgetauscht und nehmen uns des Themas an. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden wir nicht tatenlos hinnehmen, dass die Fratze des Antisemitismus in Deutschland weiter erstarkt."