Am kommenden Samstag sollen die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland – Isar 2 in Bay-ern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg – endgültig vom Netz genommen und abgeschaltet werden. Zu Forderungen aus CDU und CSU, die länger am Netz zu lassen, erklärt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Fürther SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Träger:
„Der Atomausstieg bleibt richtig – die Energiepolitik von CDU und CSU bleibt so populistisch und verantwortungslos wie eh und je. Wie wenig seriös die aktuellen Forderungen sind erkennt man schon an ihrem Zeitpunkt. Der Betrieb von Atomkraftwerken ist ein hochkomplexer Prozess, auf den sich die Betreiber einstellen hätten müssen. Vier Tage vor der geplanten Abschaltung einen Weiterbetrieb zu fordern ist so verantwortungslos wie die gesamte Energiepolitik der Union.
Seit der Einführung des EEG und der ersten Vereinbarung des Atomausstiegs durch die rot-grüne Bundesregierung vor zwei Jahrzehnten schüren CDU und CSU populistisch Ängste vor Blackouts, Stromlücken und Energieknappheit, die nie eingetreten sind. Die Wahrheit ist, dass der von der Union besonders in Bayern blockierte Ausbau der Erneuerbaren Energie trotz dieses Widerstands eine einzigartige Erfolgsgeschichte geworden ist. Im letzten Jahr konnte insgesamt die Hälfte des benötigten Stroms, an manchen Tagen sogar der komplette benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. In diesem Jahr werden wir weitere Maßnahmen beschließen, um den Ausbau noch einmal zu beschleunigen.
Die unverantwortliche und völlig erratische Energiepolitik der CSU ist mittlerweile das größte Standortrisiko für die Wirtschaft in Bayern. Sie ist völlig losgelöst von allen Fakten und rein wahltaktisch motiviert. Die CSU wollte 2011 eine ‚Spitzenstellung‘ beim Atomausstieg übernehmen und sogar schon bis 2020 alle Atomkraftwerke abschalten. Vor der Landtagswahl im Oktober will sie angesichts der steigenden Energiepreise nun mit dem populistischen Märchen vom ‚billigen und sicheren Atomstrom‘ Wähler-stimmen mobilisieren.
Richtig ist, dass Atomkraft zur Energieerzeugung überhaupt nur dank staatlicher Subventionen, die alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler am Ende zahlen, jemals für die Betreiberfirmen wirtschaftlich war. Rechnet man die tatsächlichen Kosten für Bau und Rückbau der Kraftwerke sowie für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls mit ein, so ist Strom aus Atomkraftwerken um ein Vielfaches teurer als Strom aus Erneuerbaren Energien. Der Blick nach Frankreich zeigt, dass Atomkraft keine zuverlässige Energiequelle ist. Dort war im letzten Jahr mehr als die Hälfte der Atomkraftwerke aus verschiedenen Gründen zeitweise nicht am Netz – einer der Gründe, weshalb Strom auch in Deutschland zeitweise so teuer war.
Auch die Versorgungssicherheit ist bei einer Abschaltung der verbliebenen drei Atomkraftwerke weiter gewährleistet. Deutschland produziert ausreichend Strom und ist nach wie vor Netto-Strom-Exporteur. Mit den reaktivierten Kohlekraftwerken wurden nicht Atomkraftwerke ersetzt, sondern aufgrund der Gaskrise nicht mehr rentable Gaskraftwerke. Sie müssen Strom und Wärme produzieren – was Atomkraftwerke nicht können.
Reiner Populismus und pure Verantwortungslosigkeit sind auch die Behauptungen zur Sicherheit der Kraftwerke und das völlige Ignorieren der ungelösten Atommülllagerung. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 hat gezeigt, dass kein Atomkraftwerk völlig sicher ist. Das gilt auch bei höchsten Sicherheitsstandards für Naturkatastrophen, aber auch bei Hacker- oder terroristischen Angriffen. Tatsächlich erfüllt keines der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke momentan die Sicherheitsstandards, die für einen Neubau gelten würden. Erst mit der Abschaltung aller Atomkraftwerke sind Reaktorunfälle in Deutschland nicht mehr nur sehr unwahrscheinlich, sondern tatsächlich ausgeschlossen. Dass beim Weiterbetrieb der Atomkraftwerke weiterer hochgiftiger und radioaktiver Atommüll entsteht, für dessen jahrhunderttausendlange Lagerung keinerlei Lösung existiert, ignorieren die Befürworter eines Weiter-betriebs – dieses toxische Ei legt die Union lieber unseren Kindern und Enkelkindern als Aufgabe ins Osternest.
Die Produktion von Atomstrom ist teuer, unzuverlässig, hochgefährlich und erzeugt tonnenweise hoch-giftigen Müll. Der Atomausstieg bleibt deshalb richtig. Auch wenn uns das schwere Erbe der Atomkraft – der Rückbau der Kraftwerke und die Lagerung des Atommülls – noch auf Jahrzehnte belasten und viel Geld kosten wird, markiert die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke einen großen Schritt in die Zukunft mit einer wirklich günstigen, sauberen und sicheren Energieversorgung. Die Zeit der Atomkraft in Deutschland ist endgültig zu Ende – die Zukunft gehört jetzt ohne Einschränkungen den Erneuerbaren Energien. Mit der Scheindebatte um die Atomkraft wollen CDU und CSU auch von ihren gravierenden Versäumnissen in diesem Bereich ablenken.“