Zu den Forderungen der bayerischen Frauenministerin Christine Haderthauer, im Bundestag endlich ein Gesetz gegen genitale Verstümmelung von Frauen zu beschließen, erklärt Marianne Schieder, rechtspolitische Sprecherin der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion:
Es ist völlig richtig, was Frau Haderthauer sagt, dass im Bundestag endlich ein schärferes Gesetz gegen genitale Verstümmelung von Frauen beschlossen werden muss. Allerdings sollte sie ihre Forderung an ihre eigenen CSU-Bundestagskollegen richten. Seit drei Jahren (März 2010) liegt dem Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf des Bundesrates vor. Bis heute verhindern CSU, CDU und FDP, dass darüber im Bundestag beraten wird.
Nach geltendem Recht stellt die Genitalverstümmelung strafrechtlich regelmäßig nur ein Vergehen dar, was angesichts der mit der Beschneidung verbundenen großen Schmerzen, der hohen Komplikationsrate sowie der physischen und psychischen Folgen für die betroffenen Mädchen und Frauen nicht angemessen ist. Die Strafverfolgung einer im Ausland begangenen Genitalverstümmelung ist quasi unmöglich, wenn den Eltern keine Vorbereitungshandlungen in Deutschland nachgewiesen werden können. In diesen Fällen ist deutsches Strafrecht nur anwendbar, wenn die Tat im Herkunftsland mit Strafe bedroht ist. Dies ist jedoch in zahlreichen afrikanischen und auch asiatischen Ländern nicht der Fall.
Um die betroffenen Mädchen und Frauen besser zu schützen, wird die SPD-Bundestagfraktion in der nächsten Sitzungswoche (18.-22.Febraur 2013) einen Gesetzentwurf zur wirksamen Bekämpfung der Genitalverstümmelung in den Bundestag einbringen, der den Tatbestand zum Verbrechen hochstuft und die Strafbarkeit unabhängig davon gewährleistet, ob die Tat im Ausland mit Strafe bedroht ist.
Ich fordere die bayerische Frauenministerin auf: Handeln Sie im Sinne der betroffenen Mädchen und Frauen, drängen Sie bei ihre Kolleginnen und Kollegen der CSU im Bundestag darauf, unseren Gesetzentwurf zu unterstützen und endlich dafür zu sorgen, dass diese grausamen, frauenverachtenden Praktiken nicht mehr als Körperverletzung geahndet werden, sondern als das, was sie sind: ein schweres Verbrechen gegen Mädchen und Frauen!
Hintergrund: Nach Einschätzung von Terre des femmes sind in Deutschland 18.000 bis 20.000 Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Etwa 4.000 bis 5.000 hier lebende Mädchen und Frauen sind derzeit gefährdet, Opfer von Genitalverstümmelung zu werden. Neben den psychischen Folgen in Form von Angst und Depressionen haben die betroffenen Mädchen und Frauen nach Angabe der Bundesärztekammer unter lebenslangen Schmerzen, Infektionen, Problemen beim Wasserlassen, Verletzungen benachbarter Organe, Blutungen, Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt zu leiden. In manchen Fällen endet die Beschneidung tödlich.