Rita Hagl-Kehl, landwirtschaftspolitische Sprecherin der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion, kritisiert die von Landwirtschaftsminister Schmidt auf dem sogenannten "Milchgipfel" verkündeten Hilfszahlungen in Höhe von 100 Millionen Euro an die Milchbauern. Mit dieser Zahlung werde das Problem nicht gelöst, sondern nur Almosen verteilt. Der Grund für den niedrigen Milchpreis sei die Überproduktion, die durch das Wegfallen der europäischen Quotenregelung ausgelöst wurde. Eine grundsätzliche Lösung des Problems sei daher nicht in Deutschland alleine zu suchen, sondern müsse auf Ebene der europäischen Union gefunden werden.
Das Subventionssystem sei als Ganzes zu überdenken und gerade Deutschland müsse hier die Möglichkeiten nutzen, die beiden Säulen unterschiedlich zu stärken. "Es kann nicht so weitergehen, dass wir die Mittel nach der Betriebsgröße verteilen und damit nur die Großen fördern und die Kleinen in den Ruin treiben", erklärt das bayerische Mitglied des Landwirtschaftsausschusses, Rita Hagl-Kehl. Die bayerische Landwirtschaft sei viel kleiner strukturiert als Betriebe beispielsweise in Niedersachsen oder in den neuen Bundesländern. Gerade in Bayern gehe es auch um den Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft, nicht zuletzt auch für den Tourismus. Deshalb sei es erforderlich, die öffentlichen Gelder auch für öffentliche Leistungen zu vergeben. Beispielgebend hierfür könne Österreich angeführt werden, welches mehr Mittel in der zweiten als in der ersten Säule hat und damit die Bergbauern sowie die ökologische Landwirtschaft besonders fördert. Auch in Deutschland möchte die Bevölkerung wieder die Kühe auf der Weide sehen statt Hochleistungskühe in vollautomatischen Ställen, die mit genverändertem und mit Glyphosat behandeltem Futter aus Südamerika nur dem Zweck der Überproduktion dienen. Besonders die artgerechte Tierhaltung müsse belohnt werden und biete Chancen für kleinbäuerliche Strukturen, die es zu erhalten gelte und die auch auf Akzeptanz in der Bevölkerung stoße. In diesem Zusammenhang müsse auch die Tierhaltung an den Boden gebunden werden, womit ebenfalls die Verunreinigung des Grundwassers mit Nitrat und Phosphat vermindert werden könne.
Dem Verbraucher die Schuld und Verantwortung zuzuweisen, wie der Landwirtschaftsminister dies letzte Woche tat, greife ebenfalls zu kurz. Es nützt nichts, nur hochpreisige Milch zu kaufen, welche den Gewinn der großen Molkereien maximiert. Sinnvoller sei der Konsum von Milch und Milchprodukten von Betrieben, die faire Preise an die Landwirte bezahlen und gleichzeitig die gesetzliche Regeln, die die Landwirte an bestimmte Molkereien bindet, zu ändern. Mit der Entscheidung, welche Produkte fair produziert wurden, dürfe der Verbraucher auf keinen Fall allein gelassen werden, da teuer nicht gleichzeitig bedeutet, dass der Landwirt einen auskömmlichen Preis bekommt.
Statt den Export in Entwicklungs- und Schwellenländer zu protegieren, wie es von Seiten des Landwirtschaftsministeriums gemacht werde, sollte man die Landwirte unterstützen vor Ort ihre Produkte zu vermarkten wie z.B. in Milchtankstellen oder durch Käseproduktion am Hof und dadurch die Regionalität und den Bezugspunkt für die heimische Produktion fördern. Gerade durch den massiven Export zu Dumpingpreisen würden Bauern in ärmeren Ländern die Lebensgrundlage entzogen und somit Fluchtursachen geschaffen.
Die bayerische Landesgruppe fordert einen Richtungswechsel in der Landwirtschaftspolitik, um den Strukturwandel umzukehren und wieder zu einer von der Bevölkerung akzeptierten Landwirtschaft zu kommen, die gesunde Lebensmittel produziert, die Tiere artgerecht hält und die Umwelt schont.