Martina Stamm-Fibich, gesundheitspolitische Sprecherin der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion, begrüßt den Kurswechsel von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in der Diskussion um die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“, kritisiert ihn aber als unzureichend.
Dass der Widerstand von Gesundheitsminister Gröhe überhaupt bröckelt, dürfte eine Reaktion auf einen Beschluss der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sein. Die EMA hatte in der vergangenen Woche empfohlen, die Rezeptpflicht für das Präparat „EllaOne“ mit dem Wirkstoff Ulipristal aufzuheben. Aus dem Gesundheitsministerium ist außerdem zu hören, Gröhe könne sich durchaus vorstellen, dass anstelle von Ärzten künftig Apotheker die Beratung der betroffenen Frauen übernehmen.
Gröhes Kurswechsel geht nicht weit genug
Martina Stamm-Fibich kritisiert, dass Gröhe die Rezeptpflicht offenbar nur für bestimmte Pillen aufheben will: „Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum der Gesundheitsminister nur Pillen mit dem Wirkstoff Ulipristal freigeben will. Dieser Wirkstoff ist doppelt so teuer wie der Wirkstoff Levonorgestrel und außerdem weniger gut erforscht.“ Martina Stamm-Fibich spricht sich – anders als Gröhe – klar dafür aus, die Rezeptpflicht auch für die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aufzuheben: „Studien belegen eindeutig, dass das Sicherheitsprofil von Ulipristal mit dem von Levonorgestrel vergleichbar ist. Die Pille danach mit Levonorgestrel ist in den meisten Mitgliedstaaten der EU schon jetzt ohne Rezept erhältlich. Deutschland muss hier endlich nachziehen. Wir müssen Frauen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder Verhütungspannen den Zugang zu entsprechenden Präparaten erleichtern.“
EU-Kommission entscheidet bis Ende Januar 2015 über Aufhebung der Rezeptpflicht
Spätestens Ende Januar 2015 wird die EU-Kommission entscheiden, ob sie der Empfehlung der EMA folgt und die Rezeptpflicht für das Präparat „EllaOne“ und damit für den Wirkstoff Ulipristal aufhebt. Die Freigabe des Präparats durch die EU-Kommission gilt als sehr wahrscheinlich.
Die Entscheidung der EU-Kommission wird für alle EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich verbindlich sein, weil die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Ulipristal eine zentrale EU-Zulassung besitzt. Trotzdem könnte Deutschland die Aufhebung der Rezeptpflicht umgehen. Dazu müsste sie sich auf eine EU-Richtlinie berufen, nach der die Mitgliedstaaten „den Verkauf, die Lieferung und den Gebrauch von empfängnisverhütenden oder schwangerschaftsunterbrechenden Arzneimitteln“ verbieten oder einschränken können.