Werner Schieder: 6 Gründe zum Ja zur EFSF-Abstimmung

28. September 2011

Zu der morgigen namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Regierungskoalition zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus erklärt der europapolitische Sprecher der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion Werner Schieder. MdB:

„Bei der morgigen namentlichen Abstimmung über die Erweiterung der EFSF werde ich mit JA stimmen. Das bedeutet aber keineswegs, dass ich ansonsten die falsche Anti-Krisenpolitik der Bundesregierung unterstütze.

  1. Ich stimme zu, weil ich es grundsätzlich für richtig halte, mit einem handlungsfähigen Rettungsschirm die Attacken von spekulierenden Finanzmärkten gegen einzelne Länder abzuwehren und so die Refinanzierung von Krisenstaaten zu vernünftigen Zinsen sicherzustellen. Notwendig ist eine glaubwürdige Garantie der gesamten Eurozone. Deshalb bedarf es einer Institution, die als Vermittlungsstelle zwischen die Staaten, deren Refinanzierung sichergestellt werden muss, und die aggressiven Finanzmärkte, denen die einzelnen Länder mangels eigener Währung und Zentralbank schutzlos ausgeliefert sind, gestellt wird.

  2. Vor diesem Hintergrund ist allerdings auch der erweiterte EFSF unzureichend. Erstens, weil erneut offen bleibt, ob und in welchem Umfang einzelnen Ländern tatsächlich geholfen wird, wenn sie in Refinanzierungsschwierigkeiten kommen. Zweitens ist das begrenzte Ausleihvolumen nicht ausreichend, wenn z.B. auch Länder wie Italien und Spanien in solche Schwierigkeiten – ausgelöst durch Wetten im Finanzmarktcasino – geraten.

  3. Vielmehr ist es notwendig, den EFSF zu einer „Bank für Staatsanleihen“ weiterzuentwickeln (Eurobonds), die eine verlässliche und glaubwürdige Garantie für die gesamte Eurozone darstellt. Diese Bank muss sich bei der EZB refinanzieren können. Ihr effektives Ausleihvolumen ist nicht begrenzt. Zudem entsteht dadurch ein hochliquider Markt für Staatsanleihen in Euro, der für Anleger attraktiv ist.

  4. Die Bundesregierung muss ihre einseitige Fixierung auf die Staatsverschuldung als angebliche Folge nachlässiger Haushaltspolitik aufgeben. Der Anstieg der Staatsverschuldung seit 2007/2008 ist eindeutig eine Folge der Finanzkrise und damit das Resultat unregulierter Finanzmärkte. Vor der Finanzkrise hatten alle Länder nachweisbar Konsolidierungserfolge erzielt. Das Hochschnellen der Staatsschulden seit Ausbruch der Krise hätte weder durch Schuldenbremsen noch durch einen verschärften Stabilitätspakt verhindert werden können.

  5. Neben der Besicherung der Eurozone sind die Ungleichgewichte in Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsbilanzen in den Focus zu nehmen, die den entscheidenden realwirtschaftlichen Hintergrund für die Krise der Eurozone bilden. Hier braucht vor allen Dingen Deutschland als mit Abstand größtes Überschussland einen Kurswechsel hin zu einer dauerhaften Ausweitung der Binnennachfrage und einer expansiveren Lohnpolitik. Dem verwehrt sich dogmatisch die Bundesregierung und steuert so die gesamte Eurozone in eine anhaltende Phase der Stagnation.

  6. Die Bundesregierung ist mit ihrer fatalen Anti-Krisenpolitik im Fall Griechenland gescheitert. Ihre Politik der radikalen Spardiktate und drastischer Lohn- und Ausgabenkürzungen hat Griechenland in eine schwere Rezession mit verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen getrieben. Die Bundesregierung trägt dadurch – aber auch, weil sie alle bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen bis zum vorliegenden erweiterten EFSF immer erst monatelang abgelehnt hat - eine wesentliche Mitverantwortung für die Eskalation der Eurokrise und die Gefahr der Ansteckung weiterer Euroländer.“

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