Michael Schrodi: Tag der bewussten Irreführung

12. Juli 2019

Alle Jahre wieder ruft die Lobbyorganisation "Bund der Steuerzahler" Mitte Juli den "Steuerzahlergedenktag" aus. Dazu erklären der finanzpolitische Sprecher der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion Michael Schrodi (MdB), Cansel Kiziltepe (MdB), beide Mitglieder des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, und Norbert Walter-Borjans, von 2010 bis 2017 Finanzminister in Nordrhein-Westfalen:

Der "Steuerzahlergedenktag" müsste "Tag der bewussten Irreführung" heißen, denn der Bund der Steuerzahler

  • operierte bis 2018 nachweislich mit falschen Zahlen,

  • schmeißt Steuern und Sozialabgaben willkürlich in einen Topf,

  • übergeht, dass die öffentlich finanzierte Infrastruktur (Schulen, Universitäten, Straßen, Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr usw.) selbstverständlich ganzjährig zur Verfügung steht,

  • diskreditiert pauschal und undifferenziert den Sinn und die Legitimität von Steuern,

  • verschweigt, dass durch Steuervorteile für Spitzenverdienende und Vermögende ein milliardenschwerer öffentlicher Investitionsstau entstanden ist,

  • lässt völlig unerwähnt, dass den Sozialversicherungsbeiträgen unmittelbare individuelle Ansprüche bei Krankheit, Arbeitslosigkeit, Rente und Pflege gegenüberstehen,

  • suggeriert fälschlicherweise, alle Bürgerinnen und Bürger würden den gleichen Steuersatz zahlen, völlig unabhängig von ihrem tatsächlichen Einkommen oder Vermögen,

  • führt in die Irre, weil der Tag je nach individueller Steuerlast (Grundfreibetrag, Steuerprogression, Steuerklasse, Ehegattensplitting) ganz unterschiedlich zu errechnen ist,

  • geht darüber hinweg, dass Kapitaleinkünfte dank der pauschalen Abgeltungsteuer von 25% bevorzugt und damit bereits sehr viel früher „aus dem Rennen sind“,

  • errechnet nicht, um wie viel günstiger die Rechnung ohne die massive Steuerhinterziehung und die „Steuergestaltung“ insbesondere großer und globaler Unternehmen ausfallen könnte.

Nach Veröffentlichung dieser Erklärung hat uns der Steuerzahlerbund darauf hingewiesen, dass er 2019 seine jahrelang nach demselben Muster vorgenommene Berechnung der volkswirtschaftlichen Einkommensbelastungsquote umgestellt hat. Das war bei Abfassung unserer Erklärung nicht erkennbar. Wir haben unsere Aussagen deshalb insoweit ergänzt. Alle weiteren vom Steuerzahlerbund nicht beanstandeten Aussagen bleiben selbstverständlich Bestandteil unserer Veröffentlichung.

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