Michael Schrodi: Skandal um die Wirecard AG - Rolle der Bayerischen Staatsregierung ist zu klären

10. Juli 2020

Ministerpräsident Söder und Innenminister Herrmann müssen erklären, warum sie erst am Tag der Insolvenz nicht zuständig sein wollen für die Geldwäsche-Aufsicht bei der Wirecard AG

Zu den Mängeln bei der Geldwäsche-Aufsicht über Wirecard und den gegenseitigen Schuldzuweisungen erklärt der finanzpolitische Sprecher der bayerischen Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion Michael Schrodi:

Zur Aufklärung des Skandals um die Wirecard AG gehört es auch die Rolle der Bayerischen Staatsregierung zu klären. Erst am Tag der Insolvenz teilten Ministerpräsident Söder und seine Staatsregierung der BaFin und dem Bundesfinanzministerium mit, dass sie sich nicht zuständig für die Beaufsichtigung der Wirecard AG nach dem Geldwäschegesetz betrachten. Die Darstellung des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann gegenüber dem Bayerischen Landtag ist lückenhaft und widerspricht dem, was dem Bundesfinanzministerium bekannt war und wie es die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) berichtet.

Denn die Wirecard AG, so die BaFin, kam selbst zu der Einschätzung, dass sie nach der Gesetzesänderung des Geldwäschegesetzes (GwG) zum 1. Januar 2020 ein Finanzunternehmen im Sinne des GwG sei. Die Wirecard AG habe die Bezirksregierung von Niederbayern als zuständige Aufsichtsbehörde angesehen. Die Regierung von Niederbayern habe im Rahmen eines telefonischen Kontakts mit der BaFin am 27. Mai 2020 mitgeteilt, dass sie ebenfalls von ihrer Zuständigkeit ausgehe. Erst am 25. Juni 2020 habe das Bayerische Innenministerium dem Bundesfinanzministerium und der BaFin mitgeteilt, dass es nach Überprüfung des Sachverhaltes keine Zuständigkeit der bayerischen Landesaufsicht nach dem GwG sehe, da der Hauptzweck der Wirecard AG in der Bereitstellung von Betrieb und Vermarktung von Informationsdienstleistungen liege.

In zeitlichem Zusammenhang mit dem Skandal um die Wirecard AG wollen Ministerpräsident Söder und seine Bayerische Staatsregierung sich somit ihrer Aufsichtspflicht entziehen, indem sie eigenmächtig die Wirecard AG nicht mehr als Finanzunternehmen nach GwG eingestuft sehen wollen. Ob und welche aufsichtsrechtlichen Maßnahmen die bayerischen Landesbehörden seit dem 1.1.2020 ergriffen haben, muss die Bayerische Staatsregierung nun vollständig offenlegen.

Dem Bayerischen Landtag gegenüber berichtete Innenminister Joachim Herrmann nichts davon, dass die Regierung von Niederbayern zunächst von ihrer Zuständigkeit ausgegangen ist, sondern lediglich von der abschließenden Einschätzung der Staatsregierung, eine Zuständigkeit der Regierung von Niederbayern als Aufsichtsbehörde sei nicht gegeben.

Offen bleibt in seiner Antwort, warum seit dem 25. Februar die Frage der Verpflichteteneigenschaft der Wirecard AG im Sinne des Geldwäschegesetzes zwischen der Regierung von Niederbayern und der BaFin zwar diskutiert wurde, das bayerische Innenministerium sich aber erst am 25. Juni 2020, also ausgerechnet dem Tag der Insolvenz-Anmeldung durch die Wirecard AG, gegenüber BaFin und Bundesfinanzministerium für nicht zuständig erklärt hat. Insgesamt legt der Vorgang ein eklatantes aufsichtsrechtliches Versagen der Bayerischen Staatsregierung nahe.

Auf der Internetseite des Bayerischen Innenministeriums findet sich der eindeutige Hinweis, dass das Bayerische Innenministerium zuständig ist für Finanzunternehmen im Sinne des Geldwäschegesetzes. Michael Schrodi: „Wenn die Wirecard AG selbst davon ausging, dem GwG und der Aufsicht durch die Regierung von Niederbayern zu unterliegen, müssen Ministerpräsident Söder und Innenminister Herrmann erklären, ob und welcher Austausch hierzu zwischen der Wirecard AG und der zuständigen Bezirksregierung stattgefunden hat. Es wäre nur noch peinlich, wenn sich herausstellt, dass sich die Wirecard AG sogar von selbst gemeldet hat, die bayerischen Behörden aber über Monate von alldem einfach nichts wissen wollten und untätig geblieben sind.“

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