Michael Schrodi: Bayerische Staatsregierung muss zur Aufklärung des Wirecard-Skandals beitragen

01. September 2020

Zur Sondersitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 31.08. und 01.09.2020 zur Aufklärung des Wirecard-Skandals erklärt der finanzpolitische Sprecher der bayerischen Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion Michael Schrodi:

Die Bayerische Staatsregierung hat offenbar kein Interesse an einer fundierten Aufklärung des Wirecard-Skandals. Es grenzt an eine Missachtung des Deutschen Bundestages, wenn die Bayerische Staatsregierung keinen politisch Verantwortlichen in die Sondersitzung des Finanzausschusses entsendet, sondern nur einen Ministerialdirektor aus dem Bayerischen Innenministerium. Verständlicherweise konnte der Ministerialbeamte aus dem Innenministerium wenig dazu sagen, welche Rolle die bayerischen CSU-Wirecard-Lobbyisten Guttenberg und Fritsche gegenüber der Bayerischen Staatsregierung gespielt haben. Ebenso wenig konnte der Beamte des Innenministeriums etwas zur angeblich unentgeltlichen und womöglich ohne Ausschreibung erfolgten Beteiligung der Wirecard AG an der Abwicklung der Corona-Soforthilfe durch ein anderes Ministerium, nämlich das Bayerische Wirtschaftsministerium sagen.

Auf weitgehendes Unverständnis stießen im Ausschuss zudem die Darlegungen zur Zuständigkeit bayerischer Behörden zur Geldwäsche-Aufsicht. Weder die Pressemeldungen der vergangenen Jahre zu Merkwürdigkeiten bei Wirecard noch die Reform des Geldwäschegesetzes zum 01.01.2020 haben das bayerische Innenministerium oder die untergeordnete Regierung von Niederbayern zum Anlass genommen, von sich aus Wirecard genauer unter die Lupe zu nehmen. Selbst nach einer Meldung Anfang dieses Jahres aus dem Unternehmen selbst ging die Regierung von Niederbayern zwar zunächst von ihrer Zuständigkeit aus, hat aber konkret nichts unternommen. Noch am 27. Mai hat sich die Regierung von Niederbayern für zuständig erklärt. Erst am Tag der Konkursanmeldung im Juni hat dann das Bayerische Innenministerium die heiße Kartoffel von sich gewiesen und auf Nichtzuständigkeit plädiert. Festzuhalten bleibt: Geldwäsche-Aufsicht ist Ländersache und nur dann Aufgabe des Bundes und der BaFin, wenn sie ihr ausdrücklich zugewiesen ist. Für die Wirecard Bank lag die Bankenaufsicht und damit auch die Geldwäsche-Aufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), für die Wirecard AG und ihre Töchter aber bei der Bayerischen Staatsregierung.

Am ärgerlichsten aber sind die gestrigen Aussagen der Anti-Geldwäsche-Einheit Financial Intelligence Unit (FIU) beim Zoll, dass bereits seit 2019 Verdachtsmeldungen zu merkwürdigen Transaktionen von Wirecard-Vorständen an das Landeskriminalamt Bayern weitergegeben wurden, die dort oder bei der Staatsanwaltschaft versandet und nicht weiterverfolgt worden sind. Auch dazu wusste der Abteilungsleiter aus dem bayerischen Innenministerium nichts zu sagen.

Die Bayerische Staatsregierung muss offen legen, welche engen Kontakte es zu Wirecard gab, welche Rolle die CSU-Lobbyisten Guttenberg und Fritsche in Bayern gespielt haben und warum das bayerische Wirtschaftsministerium noch im Mai so eng mit Wirecard zusammengearbeitet hat. Ebenso muss die beharrliche Nichtausübung der Geldwäscheaufsicht sowie das zögerliche Handeln der bayerischen Ermittlungsbehörden trotz der Hinweise aus der FIU aufgeklärt werden.

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