Der Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatsminister für Europa Günter Gloser MdB erklärt zur Regierungserklärung der Kanzlerin zur Europapolitik:
„Frau Merkel hat heute im Bundestag die in den letzten Wochen viel kritisierte Europapolitik der Bundesregierung verteidigt. Dabei hat sie wiederum viel von Europa geredet, zwischen den Zeilen aber verraten, dass die Richtschnur ihrer Politik längst nicht mehr Europa, sondern nur das kurzfristige Eigeninteresse Deutschlands ist. Oder noch genauer: Das Interesse ihrer eigenen Partei.
Denn leider bedient Frau Merkel angesichts des Niedergangs der CDU/CSU und ihres Koalitionspartners FDP längst vor allem nationale Gefühle und konservative Allgemeinplätze. Entgegen nicht zuletzt auch der langfristigen Interessen Deutschlands wird dafür die europäische Vernunft über Bord geworfen und ein desolater Zustand des europäischen Projekts billigend in Kauf genommen. Das war nicht immer so – vor nicht allzu langer Zeit galt Frau Merkel als überzeugte Europäerin. Doch dieser Ruf ist nun verspielt.
Die destruktive und egoistische Rolle, die Deutschland unter der Führung von Frau Merkel und Herrn Westerwelle in diesem Jahr in Europa gespielt hat, wird noch lange nachwirken. Kleinere Länder haben ein langes Gedächtnis, wenn es darum geht, dass ihre Interessen von den Großen beiseite geschoben werden. Das passierte bei der deutsch-französischen „Einigung“ über die Behandlung von Defizitsündern. Das geschieht jetzt erneut bei der Frage der sogenannten Eurobonds, in der Deutschland mit seiner Weigerung inzwischen fast isoliert ist. Eine kluge Politik mit Weitblick hätte das verhindern können. Aber leider herrscht in der deutschen Europapolitik derzeit allgemeine Kurzsichtigkeit.“