Ein Schirm ist noch keine Rettung – jetzt Umdenken in der Finanz- und Wirtschaftspolitik

29. September 2011

Zu den Entscheidungen im Europäischen Parlament (Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakt „six-pack“) und im Deutschen Bundestag (Erweiterung des europäischen EFSF) erklären die SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal und der europapolitische Sprecher der bayerischen SPD-Landesgruppe Werner Schieder:

„Zaudern, zögern und vor allem zittern, beschreibt das Handeln der schwarz-gelben Bundesregierung vor dem Beschluss zum erweiterten europäischen Rettungsschirm. Statt Finanzmärkte zu regulieren und Spekulationen zu verhindern, heizt das Verhalten vor allem von FDP und CSU die Märkte noch unnötig an. Ein handlungsfähiger Rettungsschirm gegen die spekulierenden Finanzmärkte ist wichtig. Für uns jedoch ist klar: dieser Krisenmechanismus kann nur ein erster Schritt, hin zu einer anderen Wirtschafts- und Finanzpolitik sein.

Denn gleichzeitig werden auf europäischer Ebene mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts Entscheidungen getroffen, die absolut in die falsche Richtung gehen. Merkel, Rösler, Seehofer und ihre europäischen konservativen und liberalen Parteifreunde wollen betroffene Länder kaputt sparen. Dies kann nicht funktionieren. Im Gegenteil: das Beispiel Griechenland belegt leider, dass Lohn- und Rentenkürzungen, Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst und das Kürzen von öffentlichen Investitionen das Schrumpfen der Wirtschaft und sinkende Staatseinnahmen zur Folge hat. Dieser Weg ist falsch und kann von uns Sozialdemokraten nicht mitgetragen werden.

Arbeitnehmer, Rentner, Schüler, Beamte und kleine Selbstständige in den Mitgliedstaaten sollen gegeneinander ausgespielt werden. Sie sollen die Zeche der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise bezahlen, in Griechenland, Portugal, Italien durch ein falsches Sparen und in Deutschland durch Lohnverzicht, Verzicht auf Rentenerhöhung und ähnliches, also durch die Schwächung der Binnennachfrage. Wir kämpfen für ein soziales Europa, das kann nur durch ausgeglichene Leistungsbilanzen funktionieren.

Wir als Sozialdemokraten im Europäischen Parlament und im Deutschen Bundestag kämpfen gemeinsam für eine andere Politik. Wir wollen, dass die Verursacher der Krise zur Kasse gebeten werden. Deshalb wollen wir die Finanztransaktionssteuer. Sie liefert die Einnahmen, die wir dringend brauchen, um in unsere Zukunft investieren zu können. Wir wollen in Bildung, Forschung, Erneuerbare Energien und in die Bekämpfung von Armut investieren, damit es den Menschen besser geht. Um die Refinanzierung der Staaten sicher zu stellen, muss der EFSF zu einer „Bank der Staatsanleihen“ weiterentwickelt werden, deshalb setzen wir uns für Eurobonds ein.

Dies alles nützt nicht nur den Menschen in den Euro-Ländern, die stark verschuldet sind und auf deren Pleite die Finanzmärkte wetten. Die Zahlen von Weltbank und IWF aus der letzten Woche belegen erneut die große Gefahr einer weltweiten Rezession. Dies müssen wir verhindern. Dafür ist jetzt ein Politikwechsel nötig!“

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