Zu der 1. Lesung für den künftigen Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Graf MdB:
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom Juli 2010 ist eine Neuregelung notwendig. Ich begrüße es, dass die Abstimmung über den Umgang mit der PID nicht der Fraktionsdisziplin unterliegt. Jeder und jede Abgeordnete muss selbst entscheiden, ob und inwieweit die Untersuchung von im Reagenzglas erzeugten Embryonen auf Krankheiten vor der Einpflanzung in den Mutterleib und die eventuell darauf folgende Verwerfung erlaubt sein sollen.
Zur Beratung stehen drei fraktionsübergreifende Anträge:
• Für die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik in Ausnahmefällen spricht sich der Antrag von Ulrike Flach, Peter Hintze, Carola Reimann, Dr. Petra Sitte, Jerzy Montag und anderen aus. Um Rechtssicherheit für die betroffenen Paare und die Ärzte herzustellen, soll das Embryonenschutzgesetz demnach um eine Regelung ergänzt werden, die die Voraussetzungen und das Verfahren einer PID festlegt. Zur Vermeidung von Missbräuchen soll die PID nach verpflichtender Aufklärung und Beratung sowie einem positiven Votum einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethik-Kommission in den Fällen zulässig sein, in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Im Vorfeld der PID soll eine sorgfältige Diagnostik bei beiden Partnern nach strengen Kriterien erfolgen. Zur Gewährleistung eines hohen medizinischen Standards soll die PID an lizenzierten Zentren vorgenommen werden. Dieser Antrag hat bisher 215 Unterstützer.
• Für ein umfassendes gesetzliches Verbot der PID spricht sich der Antrag von Birgitt Bender, Pascal Kober, Dr. Günter Krings, Ulla Schmidt, Johannes Singhammer, Kathrin Vogler und anderen aus. Zwar werde anerkannt, dass Paare mit der individuellen Erfahrung, insbesondere einer eigenen Erkrankung oder von Tot- oder Fehlgeburten einen hohen Leidensdruck verspüren. Gleichzeitig müsse man aber auch die gesellschaftspolitischen Auswirkungen im Blick haben. Es finde ein gesellschaftlicher und ethischer Paradigmenwechsel statt, wenn eine Zulassung der PID das Aussortieren von Embryonen vor Beginn der Schwangerschaft gesetzlich legitimiere. Die Entscheidung, einen gezielt nach bestimmten Kriterien ausgewählten Embryo einzupflanzen, sei immer verbunden mit einer Grenzziehung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben. Dieser Antrag hat bisher 192 Unterstützer
• Der Antrag von René Röspel, Priska Hinz, Patrick Meinhardt, Dr. Norbert Lammert und anderen spricht sich für ein grundsätzliches Verbot der PID aus. Um Rechtssicherheit für die betroffenen Paare und die Ärzte herzustellen, soll das Embryonenschutzgesetz um eine Regelung ergänzt werden, wonach die genetische Untersuchung eines Embryos im Rahmen einer künstlichen Befruchtung grundsätzlich verboten ist. In Ausnahmefällen soll eine solche Untersuchung allerdings für nicht rechtswidrig erklärt werden. In diesen Fällen müsse demnach bei den Eltern oder einem Elternteil eine humangenetisch diagnostizierte Disposition vorliegen, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu Fehl- oder Totgeburten oder zum Tod des Kindes im ersten Lebensjahr führen kann. Weitere Voraussetzung soll die Verpflichtung sein, eine Beratung anzubieten sowie das positive Votum einer Ethikkommission. Dieser Antrag hat bisher 36 Unterstützer.