Anette Kramme: Kompromiss tut immer weh

21. Februar 2011

Zur nächtlichen Einigung bei den Hartz-IV-Verhandlungen erklärt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Anette Kramme: Kompromisse tun immer weh und sind mit Unzufriedenheit auf beiden Seiten verbunden. Die heute Nacht gefundene Lösung enthält Hoffnungsschimmer, aber auch eine ganz bittere Pille.

Die Mindestlöhne in drei Branchen sind ein schöner Erfolg. Weiterbildung, Wachdienst und Leiharbeit waren zunehmend Billigbranchen geworden. Hier kann nun ein erster wirksamer Hebel eingeschoben werden. Unsere Forderung nach Equal Pay in der Leiharbeit werden wir als SPD aufrechterhalten und zusammen mit den Gewerkschaften weiter verfolgen.

Auch das Bildungs- und Teilhabepaket ist wertvoll. Vor allem die Schaffung der Schulsozialarbeiter lag uns am Herzen. Hilfen für Kinder dürfen nicht in Sozialgesetzbüchern versteckt sein, sondern müssen aktiv angeboten werden. Es ist ein Erfolg der SPD, dass aus dem Päckchen der Regierung ein echtes Paket wurde und die Kommunen finanziell nicht belastet werden durch die Abrechnung auf Basis des Ist-Kosten-Vergleichs zum Vorjahr. Die bittere Pille aber sind die Regelsätze. Die verfassungsrechtlichen Bedenken bleiben im Hinblick auf die Festsetzung der Regelsätze. Die Union und die FDP haben nicht den Hauch von Einsicht gezeigt. Hier ging es wohl eher um Gesichtswahrung als verfassungskonforme Gestaltung. Nach wie vor wird die Höhe des Regelsatzes künstlich klein gehalten, indem Aufstocker und verdeckt Arme in der Vergleichsgruppe bleiben. Der auf 2012 verschobene Inflationsausgleich in Höhe von 3 Euro ist schwer vermittelbar, schließlich hat die relevante Preissteigerung bereits 2009 stattgefunden.

Letztlich müssen wir als SPD die Abwägung treffen, ob wir Arbeitnehmern Mindestlöhne und Kindern ihr Teilhabepaket noch länger vorenthalten wollen. Die SPD wollte das mehrheitlich nicht und hat sich deshalb auf den Kompromiss eingelassen. Persönlich bin ich der Auffassung, dass der Regelsatz verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist.

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